Nachdem die Ausreise aus Nepal doch recht schleppend verlief – bürokratische Hürden, lange Schlangen, 359 halbherzige Sicherheitskontrollen, überfüllte Wartebereiche, wenig Kommunikation plus anderthalb Stunden Flugverspätung – umarmt uns Bangkok schon am Airport mit angenehm temperierter Effizienz.
Nicht einmal 30 Minuten nachdem wir den Flieger verlassen haben, sitzen wir nämlich schon im Taxi. Es ist nach 19 Uhr und bereits dunkel, die Stadt glitzert und funkelt. Nachdem wir in den letzten Wochen unzählige Stunden über nepalesische Staubstraßen um Schlaglöcher herum manövrieren und von A nach B tuckern mussten, ist es ein seltsames Gefühl, plötzlich wieder mit Tempo zu fahren – und unser Fahrer gibt auf der asphaltierten Stadtautobahn auch richtig Gas:
Keine Ausweichmanöver, keine Straßenschäden, niemand fährt absichtlich in den Gegenverkehr, keine Ampel wird durch wildes Hup-Stakkato ersetzt und es gibt sogar Bürgersteige, auf denen Menschen einigermaßen unbehelligt gehen können.
Für uns dauerwohlsituierte Deutsche ist das alles völlig „normal“, aber der Unterschied zum Dritte-Welt-Kathmandu, wo ich am selben Morgen noch wach geworden war, kommt mir so enorm vor, dass ich in dem Moment alles seltsam, krass und ungerecht verteilt finde. Dabei ist auch Bangkok nicht nur shiny-shine, aber davon nehmen wir zu dem Zeitpunkt natürlich nichts wahr.
Stattdessen wird der Kontrast nur noch stärker, als wir in unserem Hotel im szenigen Silom ein kostenfreies Upgrade erhalten und in einer Junior-Suite mit Boxspringbetten und Couch, Schreibtisch, Minibar, Ankleidezimmer und riesigem Badezimmer inklusive Wanne und japanischem Washlet einquartiert werden. Fast surreal, nach den simplen Unterkünften in Nepal plötzlich wieder im Vier-Sterne-Luxus mit eigenen Bademänteln und Slippern zu landen. Dennoch nehme ich das gerne und dankbar an. Schließlich ist auch der Vorabend meines Geburtstags – und das Schicksal wird schon wissen, was es mir zukommen lässt, war schon immer so.
Und das schönste Geburstagsgeschenk ist eigentlich das Frühstück am nächsten Morgen: Auch wenn ich in Nepal nie unzufrieden war (und generell ein anspruchsloser Frühstücker bin), die Auswahl im Hotel haut mich aus meinen Jetzt-34-jährigen Socken: Frisch gepresste Säfte, Obst und Gemüse, eine Auswahl an Käse (!), Aufschnitt und Räucherlachs, süße Muffins und Toast, Joghurt und Cerealien, japanischer Reis mit Tsukemono, chinesische Dumplings, warme Fleisch-, Fisch- und Nudelgerichte, Eierspeisen, Pfannkuchen, French Toast – und das wichtigste: Kaffee. Aus einem Vollautomaten. Nach dreieinhalb Wochen Instant-Plörre konnte der Tag also nur gut werden.
Und das wurde er auch – genau wie die darauffolgenden Tage. Bangkok ist zwar ganz anders, als wir uns vorgestellt haben, zeigte aber (erfreulicherweise) viele Parallelen zu Tokyo, was vermutlich der Grund dafür war, dass es sich von Anfang an „vertraut“ anfühlte. Die thailändische Hauptstadt ist allerdings um einiges chaotischer, dreckiger und natürlich heißer, schwüler. Mehrmals mussten wir uns fragen, wie es auf fünf Laufmetern gleichzeitig nach reifem Obst, reifem Müll, abgestandener Kloake und gegrillten Schweinerippchen riechen kann.
Und selbstverständlich ist Thailand bei weitem nicht so entwickelt und wohlhabend wie Japan, auch wenn Bangkoks geschäftiges Innenstadtviertel auf den ersten Touristenblick so wirkt. Verlässt man die blank geputzte City, um sich auch mal das „Drumherum“ anzusehen, merkt man schnell, dass die Schere zwischen arm und reich dort ganz schön weit geöffnet ist.
Im Vergleich zu Nepal liegt hier zwar deutlich weniger Müll auf den Straßen. Und doch ist klar, dass hier mehr produziert, aber besser sortiert wird. Denn gerade Plastikmüll in Einwegform entsteht in Massen.
Viele Thais transportieren ihre eisgekühlten, gezuckerten Milk- und Bubble-Teas – scheinbar Grundnahrungsmittel – in Einmal-Plastikbechern in einer weiteren Plastiktüte, die ums Handgelenk baumelt. Kokoswasser wird in dünne Plastiktüten abgefüllt, versiegelt und auf der Straße verkauft, ähnliches passiert mit frischgepressten Säften.
Manches Eisgetränk wird sogar direkt (und natürlich mit Einmal-Strohhalm) aus der Plastiktüte getrunken. Eine Portion Sticky Reis mit Mango vom Traditionsgeschäft Mae Varee in Sukhumvit kommt gleich in dreierlei Arten Plastik verwickelt – für den Reis, die Kokossauce und das knusprige Topping.
Ob in Plastik verpackt oder nicht: Das thailändische Essen hat uns super gut geschmeckt, auch wenn es ganz sicher nicht besonders figurfreundlich war. Aber wir laufen ja auch 20.000 Schritte am Tag, da spielt es keine Rolle:
Wir haben kiloweise Pad Thai genossen, Tom Kha Gai, Pad Se Ew Moo, Larb Moo Burger, Jok, Sticky Rice mit Mango und sündhaft-köstliches Shibuya Toast mit Vanilleeis, Sahne und Sirup.
Insgesamt war eine Woche im Gewusel der zweitmeistbesuchten Stadt der Welt (2018: 22,5 Millionen Touristen) sehr spannend, auch wenn uns die ins Öffentliche getragene Königstreue und -verehrung fremd schien, ebenso wie das omnipräsente Militär und seine zahlreichen Einrichtungen.
Wir haben den Wat Arun Tempel besucht, sind mit dem Touristen-Abzocker-Wassertaxi gefahren („Wir lassen uns das auf gar keinen Fall aufschwatzen!“), die einzigartige Mall ICONSIAM besichtigt – definitiv die beeindruckendste Mall, in der wir je waren –, haben im Bangkok Arts and Culture Centre Werke lokaler Künstler gesehen, einen Nachtmarkt besucht und waren ansonsten vor allem plan- und ziellos spazieren, so wie wir es überall auf der Welt gerne machen.
Der typische Touristenkram wie die Khao San Road und Tuk Tuk fahren wurde ausgelassen. Und leider auch das Rooftop-Bar-Erlebnis, was wir aber hoffentlich in Kuala Lumpur noch nachholen können.
Bangkok, I love you a little.
Und hier noch zwei kleine Hotelempfehlungen, weil die Anzahl von Übernachtungsmöglichkeiten in Bangkok unüberschaubar ist und ich eine persönliche Empfehlung im Vorhinein zu schätzen gewusst hätte:
Triple Two Silom
Das Luxus-Hotel mitten in Silom hat unsere Erwartungen übertroffen. Die Lage ist ideal, das Frühstück perfekt, die Betten superbequem und die Zimmer leise. | 75 Euro im DZ inkl. Frühstück
W STATION
Ein modernes Budget-Hotel auf der linken Uferseite des Chao Praya, in unmittelbarer Nähe zur Bahn gelegen. Relativ neu, familiengeführt, sehr modern. Das Hotel-Restaurant „JACK DIAMOND“ bietet allerlei Thai-Spezialitäten, wir haben täglich dort gegessen. | 40 Euro im DZ inkl. Frühstück
Sabrina meint
Bangkok war mir bisher als Reiseziel ziemlich egal, aber deine Stories haben mich richtig neugierig gemacht und ich werde mich wohl doch mal etwas näher mit Thailand beschäftigen. Ich freue mich jedenfalls über deinen regelmäßigen Fernweh-Content und auf die nächsten Stationen eurer Reise!
Liebe Grüße (und gute Besserung an den Mann)
Sabrina
Christina | feines gemüse meint
Liebe Sabrina, vielen lieben Dank!
Ich hatte mit Thailand ehrlich gesagt bisher auch gar nix am Kopp, aber die eine Woche als Zwischenstation war wirklich nett und sehr erfrischend.
Liebe Grüße,
Christina