Erfahrungsgemäß ist wenig, was mit Nachhaltigkeit zu tun hat, einfach und „mal eben so“ in den Alltag integriert. Nun soll es in diesem Beitrag nicht primär um Nachhaltigkeit gehen, weil ich keine Nachhaltigkeitsbloggerin bin.
Wenn ihr neu in dem Thema seid und Lust auf einen simplen Einstieg mit vielen Idee habt, schaut doch mal bei der lieben Berit vorbei.
Mit einem Thema aber, das auch in den Bereich Nachhaltigkeit gehört, kenne ich mich tatsächlich aus: Lebensmittelverschwendung.
Jede*r Deutsche wirft pro Jahr 55 Kilogramm Lebensmittel weg. Dass so eine Menge unseres sauer verdienten Geldes im Abfall landet, ist nur die eine Seite. Denn: „Wertvoller Ackerboden, Wasser und Dünger, Energie für Ernte, Verarbeitung und Transport – jedes Lebensmittel braucht für seine Herstellung kostbare Ressourcen. Ressourcen, die wir mit jedem weggeworfenen Apfel oder Brot sinnlos verschwenden.“
Noch immer hungern knapp 800 Millionen Menschen auf der Welt. Das sind zwar deutlich weniger als noch vor 20 oder 30 Jahren, spielt aber für mich keine Rolle – denn allein die Tatsache, dass wir uns jederzeit aus einem schier unerschöpflichen Sortiment erschwinglicher und nahrhafter Lebensmittel bedienen dürfen, sollte sie uns mit Respekt und Sorgfalt behandeln lassen. Es ist für den Großteil der Menschheit keine Selbstverständlichkeit.
Insofern: Hier ein paar kleine Tipps, Tricks, Denkanstöße für Diejenigen unter euch, bei denen Lebensmittelverschwendung noch eine größere oder kleinere Baustelle ist. Ich freue mich, wenn ihr sie lest, verinnerlicht, teilt – und mir gegebenenfalls auch eure Tipps verratet.
1. Nutze Apps und Foodsharing
Viele von euch haben – mit mir zusammen – letztes Jahr die App Too Good To Go ins Herz geschlossen. Damit könnt ihr – meistens am Abend und kurz vor Ladenschluss – Lebensmittel aus Restaurants, Supermärkten und Bäckereien „retten“ (d. h. für weniger Geld kaufen), die sonst weggeworfen werden würden. Leider gibt es das Angebot nicht in allen Städten, aber in Berlin, Düsseldorf, München und Co. ist eigentlich für jeden Geschmack was dabei, ob Sushibar, Reformhaus oder REWE. Mein Favorit ist die Bäckertüte, denn dort bekomme ich für unter vier Euro eine große Tüte voller Bio-Brot, Brötchen, Käsestangen und Co., die an diesen Tagen keinen regulären Abnehmer finden.
Was wir nicht sofort essen, frieren wir übrigens zeitnah ein.
In der letzten Zeit habe ich die App weniger benutzt, weil mein Bio-Bäcker nun auch eigene Reste-Tüten mit Backwaren vom Vortag anbietet und ich dann lieber direkt dort kaufe.
Auch Foodsharing ist eine Initiative, mit der ich mich auch bald besser auseinander setzen will. Das Prinzip: Lebensmittel, die man selbst nicht mehr benötigt, an andere abgeben – oder selbst annehmen –, bevor sie vergammeln, einen Fairteiler bestücken und und und.
Ich selbst habe diesbezüglich noch ein paar soziale Berührungsängste – aber vielleicht kann ich mich bald überwinden und auch mal einen Kopfsalat retten oder so.
2. Iss auch mal Reste bitte
Wenn ich sage „Iss auch mal Reste bitte“ meine ich damit, dass man sich auch mal zusammenreißen muss – und im Zweifel Dinge isst, aufbraucht, verwertet, auf die man gerade nicht (mehr) so Lust hat.
Im besten Fall sprühen wir natürlich ständig vor kreativen Ideen für leckere Weiterverwendungen, aber bei wem ist das schon täglich der Fall? Ich esse häufig etwas, nur weil es weg muss: Eine etwas angetrocknete Scheibe Brot, die Konfitüre, die schon so lange offen ist, ein paar verschrumpelte Möhrchen aus der hinteren Ecke des Gemüsefachs. Frohlocke ich dabei? Nein. Bin ich im Nachhinein glücklich, dass ich wieder nichts wegwerfen musste? Auf jeden Fall. Ist Kopf- und Einstellungssache.
3. Beschäftige dich mit den Themen Mealprep und/oder Wochenplan
Verwandt mit Punkt 2. Mealprep, also Neudeutsch für „Essen vorbereiten“ hilft super dabei, Lebensmittelreste aufzubrauchen, die für ein großes Abendessen nicht reichen würden, für ein kleines Lunch im Büro aber noch total okay sind. Als Beispiel: Reste von Gemüsepfannen, Linsensuppen, Nudelsaucen oder Salaten „strecke“ ich mit schnell gekochter Pasta oder Reis und erwärme sie am nächsten Tag in der Mikrowelle.
Oder aber ich stelle einen schnellen Aufstrich aus schrumpeligen Karotten oder anderen Wurzelgemüseresten her, laufe in der Mittagspause fix zum Bäcker meines Vertrauens und habe in Nullkommanix lecker belegte Brote. Dafür eignet sich zum Beispiel mein Rote-Bete-Meerrettich-Streich oder die vegane Möhren-Olivencreme mit Sesamsalz.
Früher war Mealprep bei mir eine Ausnahme. Aber seit gut einem Jahr bereite ich fast alle Mahlzeiten fürs Büro selbst zu. So brauche ich nicht nur restlos alles auf – ich weiß zudem, was in meinem Essen drin ist und spare nebenbei viel Geld.
Super Tipps für Mealprep bekommt ihr übrigens auf dem Blog und in den Büchern von Lena: Meal Prep* und Low Carb Meal Prep*.
Ein Wochenplan kann ebenfalls dabei helfen, sich struktuiert und restefrei durch die Woche zu futtern. Für mich sind so strenge Vorgaben über mehrere Tage zwar nichts, aber für Eltern, die etwas komplexere Tagesabläufe und mehr Münder zum füttern haben, finde ich es total praktisch.
Diesen Beitrag von mealpreperia finde ich total hilfreich, um sich mit dem Thema vertraut zu machen.
4. Auch Schrumpelgemüse hat Gefühle
Jeder mag frisches, makelloses, pralles Obst und Gemüse. Keine Frage: Es sieht lecker, ästhetisch und gesund aus – und man hat automatisch mehr Bock, zuzugreifen.
Aber auch die überreifen Bananen, die delligen Paprika, krummen Gurken und zu klein geratenen Karotten suchen ein Zuhause. Viele Konsument*innen denken gar nicht erst daran, dass man auch diese Ware kaufen kann – so lange „bessere“ verfügbar ist. Wenn man aber sowieso noch heute Bananenbrot backen oder Paprikagulasch zubereiten will, könnte man genauso gut zu diesen Exemplaren greifen – bevor sie aussortiert und in den Container geworfen werden. (Bitte keine verfaulte Ware kaufen, sondern die direkt melden.)
Leider wird in Deutschland noch immer viel zu wenig Gemüse und Obst, das „nicht der Norm entspricht“, in den Handel genommen und im Voraus aussortiert. Dabei ist das gesetzlich in weiten Teilen gar nicht (mehr) so vorgeschrieben: Erinnert ihr euch an die„Gurkenverkrümmungsordnung“ der EU? Sie regelte die Maximalkrümmung von Gurken und war lange – Zurecht! – das Aushängeschild sinnloser europäischer Bürokratie. Allerdings wurde diese Regelung bereits vor 10 Jahren wieder abgeschafft.
Doch seht ihr krumme Gurken im Supermarkt? Nö. Noch immer werden eher gerade Exemplare von Kund*innen bevorzugt – und nicht zuletzt lassen die sich auch einfach besser in Kisten stapeln. Vieles regelt also „der Markt“, und wie so häufig, wenn der Markt irgendwas regeln soll, funktioniert das eher so mittel. Ihr seid also gefragt, selbst aktiv zu werden und auch mal zu den „Misfits“ zu greifen, wenn ihr sie aufspürt.
Mein Unverpackt-Laden hat übrigens eine Kiste mit Schrumpelgemüse an der Kasse stehen, aus der man sich umsonst bedienen kann.
5. Organisiere deinen Kühlschrank, deine Vorratskammer, dein Tiefkühlfach besser
Aus den Augen, aus dem Sinn? Es gibt ja Leute, die stopfen einfach alles irgendwo in ihren Kühlschrank und wundern sich dann, wenn sie nach drei Wochen im hintersten Eck stinky cabbage finden oder smelly salami. Ihr gehört dazu? ÄNDERT DAS.
Ich hasse es, wenn mir irgendein Lebensmittel quasi durchgeht, nur weil ich zu blöd war, es ordentlich zu lagern. Mittlerweile habe ich den Dreh raus. Die meisten, modernen Kühlschränke sind selbsterklärend aufgebaut und verfügen über diverse Kühlzonen und -funktionen. Ein schnelles Beispiel gibt's hier, alle größeren Hersteller klären aber auch in eigenen Videos und Bedienungsanleitungen auf, wie man einen Kühlschrank richtig bestückt.
Es ist zudem wichtig zu wissen, welche Lebensmittel nicht in den Kühlschrank gehören oder welche nicht miteinander gelagert werden dürfen. Das Thema gäbe genug für einen eigenen Blogpost her, insofern verlinke ich nur einmal auf diesen hilfreichen Beitrag bei Utopia. Mit dem Wissen, dass Bananen und Tomaten gar nicht in die Kühlung gehören wird man schließlich nicht geboren.
6. Das MHD ist scheißegal
Für mich hat das MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum) noch nie eine Rolle gespielt: Der Joghurt ist zwar eine Woche drüber, sieht aber noch normal aus, riecht nicht und hat keinen grauen Flaum entwickelt? Prima, her damit.
Leider lassen sich immer noch viele Menschen von einem abgelaufenen MHD abschrecken und verwechseln es mit dem Verfallsdatum. Dabei steckt ja sogar im Namen, dass es sich um ein MINDESThaltbarkeitsdatum handelt; das betreffende Produkt also bei korrekter Lagerung MINDESTENS bis dahin haltbar ist, und vermutlich noch weit darüber hinaus.
Lediglich bei Frischfisch, -fleisch und -wurstwaren sollte man vorsichtig sein. Ansonsten dürfen wir ruhig auf unseren gesunden Menschenverstand und unsere Sinne (Wie sieht es aus? Wie riecht es? Wie schmeckt es? ... ) setzen.
7. Die Sache mit der Gier
Hier, das geht raus an alle Impulskäufer da draußen – also auch an mich, leider. Viele Lebensmittel kaufen wir als schnelle Konsumhandlung, eben aus einem Impuls heraus, weil wir gerade a) Hunger, b) Appetit, c) Lust haben. Unabhängig davon, ob der Kühlschrank Zuhause bereits prall gefüllt ist.
Resultat: Man häuft (frische) Lebensmittel an, die man nicht benötigt hat, möglicherweise später auch gar nicht mehr will und die dann später entsorgt werden. Herzlichen Glückwunsch.
Dabei sind es doch gerade diese schnellen, unüberlegten Konsumhandlungen, die wir – insgesamt – vermeiden wollen. Dabei hilft, mit Plan und einer Einkaufsliste in den Supermarkt zu gehen: Was brauche ich? Was habe ich noch? Was möchte ich in den kommenden Tagen kochen? Kann ich eventuell etwas aufbrauchen oder selbst herstellen, anstatt es neu zu kaufen? Und nicht zuletzt hilft auch der altbekannte Kniff: Nicht hungrig einkaufen gehen.
Und jetzt habe ich noch ein spannendes Video für euch, dass ihr unbedingt sehen solltet.
*Amazon-Affiliate-Link
Tina meint
Ich kann mich noch gut darin, wie voll mein Kühlschrank und Vorratakammer war als ich in meine erste Wohnung zog - viel zu viel gekauft und das meiste landete dann irgendwann im Müll.
Seit ich konsequent am Wochenende für die Büro Woche Meal Prep betreibe, spare ich nicht nur Geld und produziere weniger Abfall - sondern auch Zeit, da es relativ schnell geht nebenbei.
Was mir noch geholfen hat den Abfall zu reduzieren, konsequent einmal im Monat den Kühlschrank quasi komplett leer zu essen.
Christina | feines gemüse meint
Meal Prep ist echt ein Wundermittel – und wenn man den Dreh raus hat, ist es wirklich schnell nebenbei gemacht.
Das mit dem Kühlschrank leer essen ist auch eine super Idee.
Katja meint
Mir geht auch öfter mal was durch. Seit einiger Zeit packe ich einiges in Plastikboxen (Tupper und Lock&Lock) und jetzt war ich erst wieder total überrascht. Ich hatte in einer Dose ein halbes Osterbrot "vergessen" und dachte schon, das kommt mir jetzt verschimmelt oder so entgegen. Aber nix, nach einer Woche kein Schimmel und schmeckt noch total frisch.
Christina | feines gemüse meint
Das ist ja super! War wohl die richtige Lagerungsmethode. 🙂
Lena meint
Liebe Christina, ich freue mich sehr über die Empfehlung. Tatsächlich ist es bei mir auch so, dass Meal Prep sehr sehr gut gegen die Lebensmittelverschwendung hilft. Für Anfänger vielleicht auch ein Wochenplan - sprich, man kann jeden Tag kochen, sollte aber am WE planen und einmal einkaufen. Ich selbst mache das auch und schaffe es so, auch mal meinen Vorratsschrank und den Tiefkühler leer zu machen.
Trau dich ruhig an Foodsharing ran - hier in Darmstadt ist das echt gut und groß und ich gehe immer mal wieder gerne hin.
Herzlich, Lena
Fine meint
Meine Familie und ich wollen im Frühjahr nach Österreich auf einen Bio Hof fahren. Wir ernähren uns seit einer Weile nun schon von Bio Produkten. Auch wenn diese etwas teurer sind, schmecken sie einfach super.
Das mit den Reste-Tüten vom Biobäcker finde ich eine super Idee! Das sollten noch viel mehr Bäcker machen.
James Fraser meint
Selbst wenn man aufpasst, kommt es vor, dass man Essen wegschmeißt. Man geht in den Supermarkt und kauft einfach zu viel ein. Daher finde ich die Idee mit dem Wochenplan gut. Da steht genau drauf was man braucht und es wird nicht mehr gekauft.